Roman Seelenbrandt Shortstory


Der Ausstieg

Teil 2


Als der Bus durch die Straßen und ich höchstwahrscheinlich das letzte Mal durch diese Ortschaft fuhr, genoss ich nochmal den Anblick der Umgebung die mich so unglücklich machte, natürlich war es kein Genuss durch die Ruinen eines sprichwörtlichen Ghettos zu fahren, deren Betonplatten Bauten langsam am maroden verfall leiden, viele Menschen zogen weg aus dieser Betonstadt, weil es zum Teil unmöglich ist hier zu leben. Hinter vielen Gardinen, stehen oft leere Wohnungen, es scheint nur so als würde diese Wohnungen jemand bewohnen, in wirklichkeit, stehen viele Immobilien leer, manchmal kann es sein, das in einem 8 Familienhaus nur eine Familie wohnt, oder gar nur ein Mieter. Dieser Ort gleicht einer echten Geisterstadt. Dennoch seh ich mich während der Fahrt in die City, in den Bildern meiner Kindheit und Jugend, da wo man diesen Ort noch nicht verfluchte sondern ihn liebte und sogar verteidigte gegen Gangs anderer Stadtbezirke. Wir trugen T-Shirts, Pullis Jacken und Cappy die den Namen diesen Ortes in einem Schriftzug fest hielten, doch nichts meiner liebe zu ihm ist übrig geblieben, wenn ich nicht heute weggegangen wäre, wäre ich weggegangen! Als der Bus in der City des anderen Stadtteils ankam ging es mir auch nicht besser, genau dasselbe Bild, diese Stadt steht vor dem Verfall, ich stieg aus dem Bus aus, und machte mir so gleich eine Zigarette an, der Ampelton für Blinde piepte nervend in meinen Ohren für grün, doch ich bin an der Bushaltestelle noch einen Augenblick stehen geblieben, ich musste mich erst einmal sammeln, denn ich weiß dass das die letzten Eindrücke einer Welt waren die ich in nicht mehr als einer Stunde für immer verlassen würde, denn ich ging durch die Tür ins ungewisse.

Nachdem ich die Zigarette geraucht hatte, überquerte ich die Ampel, ich ging ein letztes mal an den Geschäften vorbei die auch alle Bankrott scheinen, weil die Kaufkraft in dieser Stadt einfach nicht vorhanden ist, wieder höre ich viele natürliche Töne, viele Menschen Stimmen ohne sie zu verstehen, sie wirken wie Lärm, der einen schier krank macht, elitäres Gerede ohne Gefühl manchmal sogar Ahnung, einfach nur geschwafel, Gesichter die ich nicht kenne sie wirken leer, jeder mit seinen eigenen Problemen, hinter der Fassade eines falschen lachen, Bettler in den Gassen, die Musik auf ihrer Gitarre, der Flöte, oder Drehorgel machen, ich nahm eine Welt wahr, die nichts für mich war, nichts mit meiner Ideologie gemein hatte, zu viele soziale Differenzen, hier eine Frau mit zehn Einkaufstaschen dort ein halbtoter Penner auf Entzug neben zwei leeren Whiskey Flaschen, diese Ungerechtigkeit, in diesem System ist das wo gegen der Punk vermehrt in den 80er Jahren anging, natürlich sieht man hier nur das kleine übel, auf großem Niveau, die wahren Drahtzieher, die verantwortlichen für diese gesellschaftlichen Diskrepanzen, sitzen im Rathaus, oder noch weiter oben in der Landeshauptstadt, oder ganz woanders in Berlin und dem Bundestag.

Ich habe mich mit diesen Bildern abgefunden, solange ich lebe wird sich nichts ändern, die Radikalen Jahre derer die sich massiv dagegen gewehrt haben sind sowieso seit geraumer Zeit vorrüber, haben sich aufgelöst oder eben ihren Radikalismus abgelegt, sind teilweise sogar heute in Politik, und bescheißen genauso wie die Menschen gegen die sie sich jahrelang wehrten. Das sind die Eindrücke meiner letzten Wege, durch die Lokalitäten meines bisherigen Lebens, an dem Ort wo ich hin wollte angekommen, einem sogenannten Rondell, in mitten einer quadratischen Freifläche , die umgeben von Geschäften ist, suchte ich den Typen der mir Exstacy oder Peace verkaufen kann, doch noch hab ich ihn nicht ausfindig gemacht, hier an dem Rondell so gegen 9 Uhr treffen sich die ersten Leute, von denen ich eingangs erzählte zum ersten Bier, dem sogenannten Frühshoppen, die meisten die auf dem Rondell, Platz nehmen sind Arbeitslose, Obdachlose, Platte Macher, es ist vergleichbar mit der Kölner Dom Platte, wo sich auch oft Obdachlose um die Plätze schlagen, natürlich in einem nicht so göttlich anmutenden Ambiente. Ich nahm auf dem Rondell Platz, noch war keiner da den ich kannte, es war kurz vor 9 Uhr in der früh, wiegesagt treffen die meisten gegen neun oder halb zehn hier von wo auch immer ihr Schlafplatz war hier ein, also schaute ich immer wieder nervös auf die Uhr, die ich wie durch ein Wunder auch bei mir hatte, doch es war keiner da der mir auffällig nach Drogen aussah.

Als plötzlich der Geyer ankam, Geyer , ist einer mit dem ich öfter auf Konzerte fuhr, er gehört nicht wirklich zu meinen besten Kumpels, sondern eher zu der ehemaligen Salzgitter Hardcore Punk Szene, er ist ein bekannter, nicht mehr und nicht weniger, sein Vorname ist Arne, einer der auch total durch ist, wenn ich dem erzähle was ich vor habe, hab ich den sofort an der Backe. Also bewahre ich Stillschweigen und erzähle aus der Vergangenheit. Sein Auftreten ist Kunterbunt und laut, wenn einer in der Stadt noch auffällt zählt er mit Sicherheit dazu, sein Haar , ist gelb wie das Kleid von Borussia Dortmund, und ziemlich zerzottelt, aber nicht wirklich ungepflegt, obwohl es für einen Punker als ungepflegt gilt Wenn es nur gewaschen ist, und nicht zu einem Irokesen gestylet, das haar hängt an den Seiten runter in alle Richtungen und das Deckhaar oben steht in alle Richtungen, und unter den Loden, sieht man seinen seitlich für den Irokosen kahlrasierten Schädel. Seine Augen liegen tief , hinter schwarzen Augenringen und dicken Tränensäcken, der Typ ist zwei Jahre älter als ich also 38 Jahre alt, sieht aber so verlebt aus, das er als 50 durchgeht, ist ein netter, zum Party machen zum singen tanzen und lachen.

Wir fingen an über unser letztes gemeinsam erlebtes Festival in Eisenach zu reden, und wie wir mit dem Sänger von Fuckin Faces, Pogo bei den Skeptikern tanzten, das war so Schien es uns 3-4 Jahre her, wir wissen es nicht mehr genau, aufjedenfall redeten wir davon das wir unbedingt im Oktober in das Jugendzentrum im Ostertal müssen, weil dort die Dödelhaie ein Gig zu ihrem besten geben, klar wie man halt so redet, obwohl ich von vornherein weiss das das nichts wird und dies nichts mit meiner Ausreise zu tun hat, sondern er nur jemand ist den ich immer nur durch Zufall irgendwo treffe, wir sahen uns gut und gerne 3 Jahre nicht, es sind einige Konzerte vergangen, und wir waren nie verabredet, es ist einfach der übliche Scheiß, den man sich zu textet, wenn kein anderer engerer vertrauter in der Nähe ist.

So redeten wir hin und her und er lenkte mich von meinen schweren Weg ab, den ich zu bestreiten habe, als Plötzlich Alex, am Horizont auftauchte, Alex ist der Mittelsmann, den ich suchte, um mir mit ein paar Drogen besorgen, um mir das Leben zu erleichtern. Sein Gang ist unverkennbar, er schaukelt sein Oberkörper hin und her so als ob er der Boss wäre, ist in Wirklichkeit aber auch nur ein armes Würstchen, viel Polizei Staatsanwalt, und Richter, zeichnen seinen Werdegang, er hat wenig Geld, tut aber gerne so als ob, ein Straßen Gangster auf kleinem Niveau, denkt aber er hat den ganzen Kiez unter sich und kontrolliert den Bezirk, dabei bekommt er immer von den mir unbekannten Großkriminellen auf die schnauze, wenn ich den alle zwei Wochen sehe, kann man sagen bei jedem zweiten treffen hat er ein blaues Auge, sie ziehn ihn ab und lassen ihn lächerlich aussehn, außerdem Vögeln sie seine Freundin! Naja, nicht unbedingt der Typ Mensch, den ich wirklich gerne um mich herum habe, aber er hat immer gute Ware, ich habe nichts gegen ihn nur Mitleid, weil er nicht so leben will, sondern , er es nicht schafft aus der Hölle raus zu kommen, der normal sterbliche würde loser zu ihm sagen, aber das ist ein Wort das ich gerne meide, ich denke einfach er ist jemand, der die falschen Leute in seinen Umfeld hatte, er hat sich selbst nicht gefunden, und ist irgendwo in der Pubertät hängen geblieben, kurzgesagt einer der will aber nicht kann.

Jedenfalls begrüße ich ihn schnell, stelle ihn die rhetorischen fragen wie gehts, was machen die Geschäfte, und dann geht es auch schon ins eingemachte. Nachdem ich ihn fragte ob er was da hätte, meinte er na klar, seh ich so aus, als ob ich nichts da hätte, zog mit dem linken Zeigefinger das rechte untere Augenlid herunter, ja ich bräuchte n fuchs, peace und zwei drei Pillen, oder Pepp, er sagte kein Problem Pillen habe ich 5 stück auf tasche, Pepp allerdings nur bei mir zuhause, ich fragte und das peace, er meinte Peace hab ich immer bei mir reicht der Klumpen? Ich lachte und sagte klar n Fuffi wollt ich haben und wie gesagt 3 Pillen, er meint er habe keine Waage mit, ob ich ihm vertrauen würde, ich sagte nur mach hin Schneid ab, den Dreck, er händigte mir 3 Pillen aus und das stück peace welches ich verlangte, ich hielt kurz meine Flamme vom Feuerzeug daran um zusehen wie es roch, und war begeistert, fragte ihn ob er noch einen fertig gebaute Tüte auf naht hat, da sagte er klar , willst Du ein rauchen Du Junkie fragte er mich, ja gerne Antwortete ich, er machte den Joint an, und inmitten der Stadt, auf dem Rondell zogen wir die süßen träume an, die uns belügen irgendwann,ich zog drei vier mal und sagte dann das ich gehen müsse, der Zug nach Braunschweig, wann fährt der nochmal? Boah Du stellst fragen ich glaube um 11:03 Uhr, sagte er. Ich sagte auch ihm tschüss also waren es jetzt schon 3 Leute von denen ich mich verabschiedete, darunter war nicht wirklich ein Kumpel, Nichtmal meine Freundin. Ich ging die Einkaufspassage wieder zurück, in die Richtung wo ich herkam, wo ich aus dem Bus ausgestiegen bin, denn auf der anderen Seite der Bushaltestelle liegt der Bahnhof, was heißt, Bahnhof, es ist eher ein Fahrkarten Automat für eine Nahverkehrszug Haltestelle.

Und an ein zwei tagen sitzt in einem Bau Container, ein Bahnarbeiter und tut so als sei das sein Bahnhof. Wieder überkamen mich, die Postiven Gedanken hier endlich zu verschwinden, denn wenn ich sowas wie eben erlebe, möchte man nur mehr alles ausblenden.Es ist kurz vor 11 Uhr wenn Alex recht behält und der nächste Zug um 11:03 Uhr nach Braunschweig fährt habe ich noch genug, Zeit, um mir oben im Tabak Geschäft der Berliner Straße ein Päckchen Papers zu kaufen, um mir auch ohne Alex nachher träume aus einem Joint zu bauen, ich fühle mich nach dem eingesogenen Rauch besser, die Angst ist förmlich weggeätzt, mir macht es spaß durch die Stadt zu laufen, ohne Stress und Kompromiss, meinen Weg zu gehen wenn ich das Ziel auch nicht kenne. Nach dem sog des Rauches stören mich auch die Bilder der sozialen ungerechteigkeiten auf den Straßen dieser Stadt weniger, ich gebe zu ich weiß nicht ob es gut ist oder schlecht sich so dermassen loszulösen, von der Wahrheit, und mit den Gedanken woanders zu sein, und sich von der gelogenen Illusion tragen zu lassen, viele sind dadurch schon zu schaden gekommen, weil sie sich von Drogen verschaukeln lassen haben. Doch in diesem Augenblick helfen sie mir sehr, denn ich gebe zu, die gesamte Situation macht mir schon angst, und mit dem dampf bestreite ich den Kampf immer noch mit dem nötigen Respekt, aber auch mit der notwendigen Unbekümmertheit, denn ich rede mir alle positiven dinge die mir einfallen ein, und verdränge die negativen Aspekte.

Als ich am Bahnhof angekommen bin, schau ich gleich zum Fahrkarten Automaten hin, um mir schnell ein Ticket zu ziehen, knapp 8 Euro kostet mich die 23 Kilometer lange fahrt. Dennoch Weiss ich nicht wohin is von Braunschweig aus geht, Hamburg Berlin, Dortmund Frankfurt? Fussbaltechnisch würde es mich am ehesten nach Dortmund ziehen, Städtetechnisch natürlich nach Hamburg, obwohl Berlin auch ne gute Szene haben soll, aber Hamburg ist mein Favorit, aber das entscheide ich kurz vor Null, bedeutet für mich der Beginn wo ich die Fahrkarte in der Hand halte, weiss wo es hingeht und es kein zurück mehr gibt, denn als ich heute das haus verliess, ging ich durch die Tür ins ungewisse ich lass zurück was ich einst liebte!